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26. Januar 2023
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Gebäude und Siedlung

Lärm von Wärmepumpen – Vereinfachung der Bewilligungspflicht vs. Nachbarschaft

Wärmepumpen stellen klimafreundliche Alternativen dar und erfreuen sich im Laufe der letzten Jahre einer immer grösseren Beliebtheit. Um den Umstieg auf klimafreundliche Heizsysteme zu beschleunigen, haben einzelne Kantone unter gewissen Bedingungen die Baubewilligungspflicht für kleine Anlagen aufgehoben. Dies führt jedoch nicht selten zu Lärmproblemen in der Umgebung und einer nachträglichen Umsetzung von Lärmschutzmassnahmen.

Lärmrechtliche Situation und Vollzug

Auf nationaler Ebene wird der Lärmaspekt von Wärmepupen durch die im Umweltschutzgesetz (USG) verankerten Lärmschutzverordnung (LSV) geregelt. Unabhängig von der bestehenden Lärmbelastung sind Emissionen gemäss Art. 11 Abs. 2 USG im Rahmen der Vorsorge so weit zu begrenzen, als dies technisch und betrieblich möglich sowie wirtschaftlich tragbar ist (Vorsorgeprinzip). Gemäss Art. 7 Abs 1 LSV sind die Lärmemissionen von neuen ortsfesten Anlagen, zu welchen ebenfalls sämtliche Anlageteile von Wärmepumpen mit Inbetriebnahme nach dem 1. Januar 1985 zu zählen sind, soweit zu begrenzen, dass die von der Anlage allein erzeugten Lärmemissionen die Planungswerte nicht überschreiten. Wärmepumpen werden gemäss den Belastungsgrenzwerten für Industrie- und Gewerbelärm (LSV Anhang 6) beurteilt. Die Einhaltung der Planungswerte sowie das Vorsorgeprinzip gelten dabei gleichwertig und beide sind bei der Beurteilung zu berücksichtigen. Ein aktueller Bundesgerichtsentscheid (B_Ger_1C_418/2019) aus dem Jahr 2020 untermauert die Notwendigkeit der Einhaltung der Planungswerte neuer Anlagen sowie der zusätzlichen Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips. Das Urteil legt jedoch auch fest, dass sofern die Planungswerte eingehalten werden, zusätzliche Massnahmen im Sinne der Vorsorge nur dann in Betracht kommen, wenn sich mit relativ geringem Aufwand eine wesentliche zusätzliche Emissionsreduktion erreichen lässt. Zur Einhaltung des Vorsorgeprinzips muss die wirtschaftliche Tragbarkeit der einzelnen Massnahmen abgeklärt werden und es ist keine pauschale Betrachtung zulässig.

Der Bundesrat hat am 13.12.2022 gemäss einer im Parlament angenommenen Motion eine Änderung der Lärmschutz-Verordnung in die Vernehmlassung geschickt. Darin werden die Kriterien, wann – unter Voraussetzung der Einhaltung der Planungswerte – weitere Massnahmen im Sinne der Vorsorge zu treffen sind, bzw. diese als wirtschaftlich tragbar gelten festgelegt. Auch der Cercle Bruit hat mit der Vollzugshilfe 6.21 vom 16. Juni 2022 zur lärmrechtlichen Beurteilung von Luft/Wasser-Wärmepumpen damit übereinstimmende Kriterien definiert. Dies soll für eine Vereinheitlichung der kantonalen Vollzugspraxis sorgen. Es gilt allerdings anzumerken, dass diese Kriterien zur Folge haben, dass Massnahmen im Sinne der Vorsorge nur in selten Fällen als verhältnismässig eingestuft werden dürften.

In den meisten Kantonen und Gemeinden ist die Inbetriebnahme von Wärmepumpen, mit einigen Ausnahmen innen aufgestellter Varianten, baubewilligungspflichtig. Aufgrund der stetig steigenden Nachfragen von Wärmepumpen und dem dadurch starken Anstieg an entsprechenden Baubewilligungsgesuchen wird der Ruf nach einem vereinfachten Verfahren vielerorts lauter. Der Kanton Basel-Stadt verzichtet beispielsweise für innen aufgestellte Luft-Wasser Wärmepumpen auf eine Baubewilligung. Für kleinere aussen aufgestellte Anlagen gilt aktuell lediglich eine Meldepflicht. Der Kanton Zürich sieht für den Einbau in gewissen Situationen ebenfalls ein vereinfachtes Meldeverfahren ähnlich wie für Solaranalgen vor. Aufgrund der unterschiedlichen Vorstösse ist davon auszugehen, dass weitere Kantone den Beispielen von Basel-Stadt und Zürich folgen werden. 

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Auch innen aufgestellte Wärmepumpen können Lärmprobleme verursachen (Symbolbild).
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Im dicht besiedelten Stadtraum werden Luft-Wasser Wärmepumpen häufig auf Dächern aufgestellt, was zu Lärmproblemen führen kann.

Vorgaben für den Bau

Im Rahmen eines Baugesuches bzw. der Realisierung im Meldeverfahren wird der Lärmaspekt in der Regel mittels Web-Applikation berechnet, welcher in Zusammenarbeit des Cercle Bruit mit der Fachvereinigung Wärmepumpen Schweiz (FWS) entwickelt worden ist. Dieser Nachweis wurde per 1. Januar 2023 angepasst, um die Abfrage einiger konkreter Massnahmen im Sinne der Vorsorge zu beinhalten.

In komplexeren Fällen oder wenn die Wärmepumpe nicht die einzige Industrie- und Gewerbelärmquelle ist, können die entstehenden Immissionen mittels 3D Lärmberechnungssoftware rechnerisch geprüft werden. Bei Lärmproblemen nach Inbetriebnahme werden meist Lärmmessungen mit entsprechender Beurteilung gemäss Vollzugshilfe 6.21 des Cercle Bruit durch Akustikfachleute durchgeführt.

Welche Komponenten einer Wärmepumpe generieren Lärm?

Abhängig vom verwendeten Energieträger nutzen Wärmepumpen Wärme bzw. Kälte des Erdreichs, der Aussenluft oder des Grundwassers. Entsprechend gibt es verschiedene Bauarten von Wärmepumpen, von welchen insbesondere aussenaufgestellte Anlageteile von Kompakt- und Split-Anlagen für Luft-Wasser oder Luft-Luft Wärmepumpen Lärmemissionen verursachen können, welche in einer weiteren Umgebung wahrnehmbar sein können. Relevant in Bezug auf die entstehenden Lärmemissionen sind vor allem die Ventilatoren für den Wärme- bzw. Luftaustausch, sowie die Kompressoren zur Erwärmung des Kältemittels.

Die Wahl des passenden Modells sowie ein angepasster Einbau müssen für jede neue Anlage überprüft werden und stellen selbst für erfahrene Heizungsfachleute manchmal eine grosse Herausforderung dar

Lärmtechnische Herausforderungen und Lärmschutzmassnahmen

Die Wahl des passenden Modells sowie ein angepasster Einbau müssen für jede neue Anlage überprüft werden und stellen selbst für erfahrene Heizungsfachleute manchmal eine grosse Herausforderung dar. Die Einbausituation und die daraus resultierenden abgestrahlten Schallpegel und Richtwirkungen der Lärmquellen sollten insbesondere in stark besiedelten Gebieten durch eine Akustikfachperson überprüft werden. Wenn die geltenden Grenzwerte mit der angedachten Konfiguration nicht eingehalten werden können, gilt es entsprechende Lärmschutzmassnahmen in Form von Schalldämpfern, Schalldämmhauben, Lärmschutzwänden oder schallabsorbierenden Auskleidungen zu dimensionieren. Auch für einfache Einbausituationen ist ein lärmreduzierter Betrieb während den lärmkritischen Nachtstunden zwischen 19.00-07.00 Uhr vorzusehen. Durch die Berücksichtigung und optimierte Auslegung sämtlicher lärmrelevanten Aspekte durch eine Akustikfachperson ist der Einbau von Wärmepumpen in der Regel auch in dicht besiedelten Wohnzonen möglich.

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Durch günstig dimensionierte und schallabsorbierend gestaltete Einhausungen können die in Richtung der Nachbarn abgestrahlten Schallpegel deutlich reduziert werden.
Feller Michael

Überlegen Sie sich auch eine Wärmepumpe zu installieren und haben Bedenken oder Fragen bezüglich der entstehenden Lärmbelastung? Unsere Spezialisten unterstützen Sie gerne bei Ihren Projekten.

Michael Feller
Dipl. Akustiker SGA